Kreuz Zendo Lippstadt ist eine von mehreren deutschen Zen-Gemeinschaften von Sanbôzen
International.
Sanbôzen International ist eine Laien-Zen-Vereinigung mit dem Ziel, die Übung des Zen zu fördern. 1954
wurde sie in Japan als religiöse Körperschaft gegründet und hat sich seitdem zu einer internationalen, weltweit aktiven Organisation entwickelt. Mittlerweile gehören ihr zahlreiche Zen-Zentren in
20 Ländern in Nord- und Lateinamerika, Europa, Asien und Australien an.
→ https://sanbo-zen-international.org
Welche Position nimmt Sanbôzen im Zen ein?
Zen entwickelte sich ab dem 6. Jh. als Meditationsschule des chin. Buddhismus und gelangte im 12./13. Jh. nach Japan, wo bis heute die beiden Linien Soto und Rinzai erhalten sind. Sanbo Zen integriert erstmals in der Geschichte die beiden Hauptlinien des jap. Zen, indem es das reine Sitzen (Shikantaza) des Soto Zen und die auf Erleuchtung zielende Koan-Praxis des Rinzai Zen miteinander verbindet.
Obwohl in Japan offiziell als buddhistische Organisation anerkannt, vertritt Sanbôzen den Standpunkt: Zen ist keine Religion. Der Zen-Weg liegt in der menschlichen Natur begründet, erfordert kein bestimmtes Glaubensbekenntnis und kann unabhängig von Weltanschauung, Religion, Herkunft, Geschlecht, Alter und sozialem Stand beschritten werden.
Sanbôzen sieht die herausragende Erleuchtungserfahrung Shakyamuni Buddhas als Geschenk für die Menschheit. Es lehrt Zen im Geiste des jap. Zen-Meisters Dogen Zenji, um allen zu helfen, die danach suchen, wie Buddha das Wahre Selbst jenseits von Leben und Tod zu erfahren. Weiterhin geht es auf dem Zen-Weg darum, stets voranzuschreiten, das Haften an der Erleuchtung zu überwinden und sich fortwährend darum zu bemühen, das Wahre Selbst im Alltag zu verwirklichen.
In der Erfahrung des Wahren Selbst wird die absolute Einheit aller Existenz zur Gewissheit. Leidvolle Vorstellungen von Trennung, Verlust und Tod fallen ab in der Erkenntnis: Menschen sterben nicht! Eine authentische Erleuchtungserfahrung führt zur Befreiung und dem ganz natürlichen Wunsch, diese große Freude mit allen Lebewesen zu teilen und ihnen zu helfen.
Wer sein Wahres Selbst wirklich geschaut hat, kann nicht anders, als sich sozial und ökologisch zu engagieren. Menschen finden durch die Erfahrung zu ihrem Herzensfrieden und werden so selbst zum
Frieden für die Welt. Diejenigen, die sich einer Religion verbunden fühlen, werden auf dem Zen-Weg zum Kern und Ursprung ihrer Religion finden: „Christen, die Zazen üben, werden bessere
Christen. Muslime werden bessere Muslime.“ (Yamada Kôun Roshi)
Geschichtliche Entwicklung von Sanbôzen
Sanbôzen wurde im Januar 1954 von Yasutani Haku´un Roshi (1885-1973) gegründet. Sanbo, wörtlich „Drei Schätze“ bezieht sich auf die drei Grundprinzipien des Buddhismus: Buddha, Dharma, Sangha. Yasutani Roshi war Dharma-Nachfolger von Harada Sogaku Roshi (1871-1961), auf den die Verbindung von Soto Zen und Rinzai Zen zurückgeht. Er gehörte als Zen-Mönch zunächst der Soto-Linie an, war aber mit der Zen-Praxis, die er dort vorfand, nicht zufrieden. Um authentisches Zen in Japan wiederzubeleben, verließ Yasutani Roshi schließlich die Soto-Schule und gründete Sanbôzen als unabhängige Laien-Zen-Vereinigung, da ernsthaft suchende Menschen seiner Zeit vorwiegend Laien waren.
Yamada Kôun Roshi (1907-1989), der zweite Abt von Sanbôzen, leitete die Vereinigung von 1970 bis zu seinem Tod im Jahre 1989. Yamada Roshi war Geschäftsmann und Familienvater. Er hatte die buddhistischen Gelübde von Harada Roshi empfangen und lud 1953 dessen Nachfolger Yasutani Roshi nach Kamakura ein, um dort die Leitung einer Zen-Gruppe zu übernehmen. Im selben Jahr wurde Yamada Roshi eine außerordentlich tiefe Erleuchtungserfahrung zuteil, über die in dem Zen-Klassiker „Die drei Pfeiler des Zen“ von Philip Kapleau berichtet wird. Yasutani Roshi ernannte ihn 1960 zum Dharma-Nachfolger, 1967 zum authentischen Zen-Meister (Shoshike) und drei Jahre später zum Vorsitzenden von Sanbôzen.
Yamada Roshi war mit der Ärztin Dr. Kazue Yamada verheiratet. Nach seiner Ernennung zum Zen-Meister suchte er lange vergeblich nach einem geeigneten Grundstück in Zentraljapan, um dort ein Zendo für Laien zu errichten. Seine Frau machte ihm schließlich den großherzigen Vorschlag, das eigene Grundstück dafür einzusetzen. Daraufhin ließ Yamada Roshi 1970 sein eigenes Wohnhaus abreißen, um dort gemeinsam mit seiner Frau aus eigenen Mitteln, ganz ohne Spenden, ein kleineres Wohnhaus für die Familie und das San´un Zendo zu erbauen. Das nur 50 Quadratmeter große San´un Zendo wurde von da an zum zentralen Dôjô (Übungshalle) von Sanbôzen. „San´un“ bedeutet wörtlich „Drei Wolken“, womit die drei Zen-Meister Harada Dai´un (Große Wolke), Yasutani Haku´un (Weiße Wolke) und Yamada Kôun (Pflügende Wolke) gemeint sind.
Yamada Kôun Roshi unterwies dort zahlreiche Menschen aus Japan und dem Ausland beim täglichen Zazen sowie bei Zazenkai (Zen-Übungstage) und Sesshin (mehrtägige Zen-Übungen). Insbesondere nachdem Pater Hugo Enomiya-Lassalle, ein deutscher Jesuit, Anfang der 70er Jahre ein ernsthafter Schüler von Yamada Roshi geworden war und Zen durch eine unermüdliche Kurs- und Vortragstätigkeit in Europa, vor allem in Deutschland, bekannt machte, kamen viele Christen, darunter Priester, Ordensleute und Pastor/innen, zum San´un Zendo, um von Kôun Roshi auf dem Zen-Weg geführt zu werden. Als Kôun Yamada am 13. September 1989 starb, hatten bereits 24 japanische und 21 nicht-japanische Schüler/innen die formale Zen-Schulung unter seiner Führung abgeschlossen.
Kubota Ji´un Roshi (geb. 1932), der dritte Abt von Sanbôzen, wurde mit 16 Jahren Schüler bei Yasutani Roshi und beendete seine Koan-Schulung im Jahre 1970. Nach dem Tod seines Lehrers wurde er Schüler von Yamada Kôun Roshi, der ihn 1983 zum Zen-Meister (Shoshike) und 1985 zum Dharma-Nachfolger ernannte. Nach dem Tod von Kôun Roshi leitete er Sanbôzen von 1989-2004.
Ebenso wie Kubota Roshi wurde Yamada Ryôun Roshi (geb. 1940), der jetzige Abt von Sanbôzen, bereits mit 16 Jahren
Schüler von Yasutani Roshi. 1978 beendete er die formale Koan-Schulung bei seinem Vater Kôun Roshi, der ihn 1985 zum Dharma-Nachfolger ernannte. Im Oktober 2004 übernahm er als Zen-Meister
(Shoshike) die Leitung von Sanbôzen.
Sanbôzen heute
Nachdem Sanbôzen in den ersten Jahrzehnten seines Bestehens ausschließlich in Japan aktiv war, gibt es inzwischen weltweit mehr als 70 von Sanbôzen anerkannte Zen-Meister und Zen-Lehrer, die in folgenden Ländern Sesshin leiten: Australien, Deutschland, Ecuador, El Salvador, England, Frankreich, Guatemala, Holland, Honduras, Israel, Italien, Japan, Kanada, Österreich, Philippinen, Schweden, Schweiz, Singapur, Spanien, USA.
Einmal im Jahr veranstaltet Sanbôzen ein Kenshukai für alle Zen-Meister/Lehrer und fortgeschrittenen Schüler der Sanbôzen-Linie. Dieses internationale Zen-Lehrer-Treffen dient dem gemeinsamen Austausch und vertieften Koan-Studium und findet abwechselnd in verschiedenen Ländern und Kontinenten statt. Sanbôzen finanziert die Übersetzung von zen-buddhistischen Texten, Teisho (Ansprachen von Zen-Meistern) und Koans in die englische, deutsche und französische Sprache. Viermal im Jahr erscheint Kyôshô, die Online-Zeitschrift von Sanbôzen, in einer japanischen, englischen und in Teilen auch deutschen Version. Sie enthält Artikel und Teisho der Äbte, Berichte zu aktuellen Themen und Entwicklungen sowie Beiträge der Mitglieder von Sanbôzen.
Die Mitgliedschaft in Sanbôzen steht allen offen, die das Anliegen der Laien-Zen-Vereinigung unterstützen wollen. Der Jahresbeitrag beträgt zurzeit 40,- Euro und kann per Kreditkarte bezahlt werden. Die eingetragenen Mitglieder erhalten durch ein Passwort freien Zugang zu aktuellen und früheren Ausgaben von Kyôshô sowie Übersetzungen von Teisho, Koan-Sammlungen, Rezitationen etc. Die Anmeldung zur Mitgliedschaft erfolgt über die Homepage: ssl.sanbo-zen.org.
Soziales und politisches Engagement von Sanbôzen wird nicht zentral organisiert, sondern individuell gelebt: Sanbôzen-Mitglieder setzen sich z.B. für Slumbewohner und Opfer von Naturkatastrophen auf den Philippinen ein, für Menschen mit Behinderung in England, krebskranke Kinder und Tsunami-Opfer in Japan. Sie üben Zazen mit Inhaftierten in Australien, England, Kanada und den Philippinen sowie im Hospiz und mit psychisch kranken Menschen in Deutschland. Sanbôzen-Mitglieder trugen maßgeblich zum friedlichen Sturz des Marcos- Regimes und der Demokratisierung der Philippinen bei und engagieren sich seit einigen Jahren für den Frieden in Nahost durch die Betreuung einer Zen-Gruppe und ein jährlich stattfindendes Sesshin in Israel.